Winter 2013

HANS SCHREIBT

 

In meinen Gedanken sind noch immer die Erinnerungen an die Feierlichkeiten zu meinem 60-jährigen Priesterjubiläum. Es war mir erlaubt, zusammen mit so vielen Freunden einen Blick auf ein Leben voller missionarischer Abenteuer zu werfen und mich daran zu erinnern, welch ein Segen die manchmal ungewöhnlichen Dinge, die wir taten, für viele Menschen hatten: das hat mich tief berührt. Es war eine Freude, so viele alte Freunde zu sehen! Viele haben mir geschrieben, viele von Euch haben mir etwas in die Hand gedrückt; Eure Glückwünsche liegen hier neben mir auf dem Tisch und ich lese sie immer wieder. Ich kann nicht jeden Brief einzeln beantworten – aber seid versichert: Ich denke an Euch.

Unvergesslich wird mir der Besuch von 25 Freunden und Verwandten in Kisumu bleiben: insbesondere unvergesslich für die Menschen hier. Nun sind wir wieder zurück in der Normalität: lasst mich ein wenig über die jüngsten Entwicklungen erzählen.

Anfang 2013 erinnerten wir uns daran, dass unsere Mill Hill Missionsgemeinschaft bald ihr 150. Bestehen feiern kann; wir wurden gefragt, ob wir Vorschläge für die Feierlichkeiten haben – und ich hatte eine: Im Jahr 2000 wurde unser amerikanischer Mill Hill Missionar John Kaiser hier in Kenia ermordet, der sich immer mit korrupten Politikern angelegt hatte, weil diese völkerrechtliche Verbrechen begingen und Mädchen vergewaltigten. Ich dachte mir, dass diese Geschehnisse eine gute Vorlage für ein Musical sein könnten und schrieb innerhalb einiger Monate die Textvorlage dafür. Ich bin schon neugierig, ob man die Leute in unserer Zentrale etwas damit anfangen können.

Mill Hill hat sich verändert in diesen letzten 150 Jahren. Vor langer Zeit waren wir eine Gruppe weißer Priester aus Nordeuropa, die – unterstützt von Brüdern – in arme „Heidenländer“ zogen, um die Menschen dort aus ihrem Elend zu befreien, in dem wir eine helfende Kirche gründeten. Heute sind wir eine Gruppe aus Europäern, Afrikanern, Indern, Malaien und Philippinos, die – inspiriert durch das Evangelium – hier zusammen für eine bessere Gesellschaft arbeiten, indem wir die Talente nutzen, die die unterschiedlichen Kulturen bieten. Für die Mill Hill Feier in Kenia habe ich auch vorgeschlagen, dass wir Referenten einladen: einen aus Afrika, der uns aufzeigt, was Afrika der Welt bieten kann, aber auch Referenten aus Indien, dem Fernen Osten, den Philippinen und Südamerika – jeder von ihnen sollte darüber sprechen, welchen Beitrag ihr Kontinent zum Weltgeschehen beitragen kann. Ich hoffe, dieser Vorschlag wird akzeptiert.

Mill Hill ist nicht das einzige, was sich in den letzten Jahren geändert hat: auch Pandipieri und KUAP unterliegen Veränderungen. Hier ein paar Beispiele: In nächster Nähe zu Pandipieri liegt Bala – auch dort unterhalten wir ein kleines Zentrum. Vor langer Zeit einmal hatten wir dort ein Gebäude für rehabilitierte Jungen errichtet, um sie auf das Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. Das funktionierte aber nur eine gewisse Zeit. Danach wurde das Gebäude durch Vandalismus nahezu komplett zerstört. Vor einigen Jahren dann übergaben wir das Bala Zentrum an die neue Pfarrgemeinde Nanga, die von dem Priester Gerry Kraakman geleitet wird. In Zusammenarbeit mit dieser Gemeinde wurde das Gebäude wieder aufgebaut; heute ist es der Ort, wo die Beratungen für – insbesondere traumatisierte – Kinder aus den 25 Schulen in der Umgebung stattfinden.

Bisher fanden diese Beratungen im Magadi Zentrum statt; aber kürzlich hat der Erzbischof uns informiert, dass Magadi nun eine neue und eigenständige Pfarrgemeinde wird und das dortige Gebäude als Presbyterium gebraucht wird. Vorher gehörte Magadi zur St. James Gemeinde und hatte keinen eigenen Priester.

Eine sehr interessante Entwicklung ist unser OMA-Projekt. Ihr wisst, dass wir mit diesem Projekt die Krankenversicherung für Familien unterstützen, die AIDS-Waisen in ihre Familie aufgenommen haben. Bisher können wir 300 Familien auf diese Weise unterstützen – das heißt: wir zahlen die Versicherungsprämie für 300 Familien, in denen insgesamt 600 AIDS-Waisen leben. Diese Familien leben in 19 verschiedenen Glaubensgemeinschaften. Die Versicherungsgesellschaft hat sich sehr zuvorkommend gezeigt: nach den allgemeinen Vorschriften gilt diese Versicherung eigentlich nur für leibliche Kinder. Aber man hat eingewilligt, diese Versicherung auch für nicht leibliche bzw. angenommene Kinder zu gewähren. Die Versicherungsprämie ist niedrig – zusammen mit unseren Kosten für Verwaltung (Bestandsaufnahmen, Erstellung der entsprechenden Ausweise mit Foto, Zusammenarbeit mit den Ärzten, Krankenhäusern und Familien) kostet diese Versicherung 50,00 Euro pro Familie und Jahr.

Und jetzt kommt’s: Die Regierung will ein Gesetz erlassen, das verlangt, dass diese Waisen ganz offiziell adoptiert werden – vom Grundgedanken her eine gute Idee: einmal offiziell adoptiert, ist das Kind in der Familie später auch erbberechtigt. Es ist noch nicht klar, wie schnell sich das durch setzen kann; auf jeden Fall bedeutet es für uns viel Arbeit – die meisten dieser Kinder haben noch nicht einmal eine Geburtsurkunde. Und dann die Kosten: jede Adoption wird 3000 Shilling (ca. 30,00 Euro) kosten. Für die 600 Waisen, die derzeit in das Programm aufgenommen sind, bedeutet das Mehrkosten von Euro 18.000,00 Euro. Wichtig ist, dass wir zu den verschiedenen Glaubensgemeinschaften gute Kontakte pflegen und sie um Hilfe bitte können. Natürlich braucht das alles auch Zeit. Wichtiger aber ist: die Stellung dieser Waisen in Familie und Gesellschaft wird dadurch besser.

Und ja -es geht mir gut: Die Spritze, die ich noch in Holland wegen eines eingequetschten Nervs bekommen habe, zeigt gute Wirkung. Im Vergleich zu Europa tut mir das Wetter hier gut. Unsere Donnerstag-Bibelgruppe in Nyalenda macht mir Freude – genau wie die Freitagsgruppe „Modell zeichnen“. Sonntags spielen wir zusammen „sjoelbak“ und die restliche Zeit verbringe ich mit lesen und schreiben.

Ganz oft denke ich an Euch ! All‘ meine guten Wünsche und glückliche Feiertage.

 

Hans

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