Ubuntu

Ein kleines Dorf zwischen Kampala und Kisumu, irgendwo während der Wallfahrt 2003 und eine Handvoll Baracken und Hütten auf Ugandas roter Erde. Ein Mann mit einer Papaya in der Hand kommt herüber zu mir und sagt: „Das habe ich in meinem Haus aufbewahrt, um es jemandem zu schenken.“ Eine schönere Geste kann ich mir kaum vorstellen.

Die offensichtliche Freude am Teilen in Afrika hat einen Namen „Ubuntu“. Dieses Wort scheint aber kein europäisches Äquivalent zu haben – „menschliche Kameradschaft“ scheint für mich noch die am besten geeignete Übersetzung zu sein. Ich habe gehört, dass „Ubuntu“ aus der Sprache der Xhosa stammt, einer Stammesgemeinschaft in Südafrika; aber es gibt dieses Wort auch in vielen anderen afrikanischen Sprachen.

Aus europäischer Perspektive ist die menschliche Existenz eine Verbindung aus „Bewusstsein und Individualität“. Wie schon Decartes sagte: (Philosoph 1596-1650 – Anm. der Übers.) „Ich denke, also bin ich.“ Aus afrikanischer Perspektive jedoch ist „Ubuntu“ ein Schlüsselkonzept. Es zeigt, dass der Mensch an sich grundsätzlich nicht nur ein Einzel-Lebewesen ist. Was den Menschen „menschlich“ macht, ist gerade, dass er oder sie ein Teil oder eine Parzelle der menschlichen Gemeinschaft ist und am Leben innerhalb dieser Gemeinschaft teilnimmt. Existieren bedeutet Beziehungen zu entwickeln, teilzunehmen. Der kenianische Philosoph John Mbiti fasst das so zusammen: „Ich bin, weil wir sind“.

Nelson Mandela bezog sich auf „Ubunto“ wenn er sagte: „Ein Reisender, der durch mein Dorf kommt, muss nicht erst nach Essen oder Wasser fragen; die Menschen in meinem Dorf werden entzückt sein, es mit ihm teilen zu können.“ Ein weiteres Resultat von „Ubunto“ ist es, dass Erwachsene meist besser anhand des Namens ihres Clans zugeordnet werden können, als aufgrund ihres persönlichen Namens. Das soziale Netzwerk steht über der persönlichen Individualität; der Einzelne ist Teil eines Ganzen – basierend auf seinem Ursprung. Ubuntu ist die Wurzel der gegenseitigen Bindung und Verantwortlichkeit. Eine Verbesserung des eigenen Lebens wirkt sich somit positiv auf alle anderen aus. Wenn jemandem irgendetwas fehlt, können ihm die helfen, die dazu gerade in der Lage sind. Nur solch ein soziales Netzwerk macht ein Leben unter den risikoreichen Umständen in Afrika möglich.

Dies kann allerdings auch bremsende Auswirkung auf die Entwicklung haben; denn niemand ist bereit oder hat genügend Mut, über seine Umgebung „hinaus zu wachsen“. Auch dazu hat sich Mandela geäußert: „Ubuntu bedeutet nicht, dass es den Menschen verboten ist, nach Wohlstand zu trachten. Die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: „Versuchst Du, mit Deinen Aktivitäten, Deine Gemeinschaft und Deine Umgebung voran zu bringen?“

Zur Beachtung: die aktuellste Linux Version (ein kostenloses und frei verfügbares Computer – Betriebssystem) nennt sich……….Ubuntu!

Johan Smorenburg

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